Der Wolf im Recht

Der Wolf im Recht

Der Wolf im Recht

Was ist erlaubt und was verboten?

Auf dieser Seite stellen wir euch den rechtlichen Status wildlebender Wölfe in Deutschland vor und die Voraussetzungen unter denen Wölfe in Deutschland ausnahmsweise durch Menschen getötet werden dürfen. Wir empfehlen euch diese Seite vollständig durchzulesen, denn nur so kann der Zusammenhang der verschiedenen Richtlinien, Gesetze, Verordnungen und Hinweise im Gesamtkontext verstanden werden! Die hier vorgestellten Dokumente können unten jeweils als PDF-Datei heruntergeladen werden.

Zunächst ist es wichtig zu wissen, dass die Gesamtheit aller wildlebenden Wölfe in Deutschland, als Bestandteil der „Zentraleuropäischen Flachlandpopulation“, immer noch als vom Aussterben gefährdete Tierart gilt. Dies ist in der “Roten Liste” des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) entsprechend aufgeführt. Aber warum ist das so, wo sich doch die Wölfe in Deutschland seit dem Jahr 2000 stetig vermehren und ausbreiten? Und wer gibt die Rote Liste eigentlich heraus?

Die „International Union for Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN)“ veröffentlicht seit 1962 immer wieder aktualisierte internationale Listen, die die weltweit vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzenarten aufzeigen. Die Einstufung der Arten geschieht anhand bestimmter Kriterien. Diese Roten Listen sind als Fachgutachten zu werten und dienen den Gesetzgebern und Behörden als Handlungsgrundlage bezüglich des Artenschutzes. Die in Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland gültigen nationalen Roten Listen werden vom BfN veröffentlicht und haben teilweise andere Kriterien zur Gefährdungsanalyse und –einstufung zur Grundlage. Diese Roten Listen werden vom BfN seit dem Jahr 1971 veröffentlicht und können auf der BfN-Homepage eingesehen werden.

Die folgenden Dokumente werden auf dieser Seite beschrieben und auszugsweise zitiert:

  1. Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) & Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse
  2. Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)
  3. Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV)
  4. Praxisleitfaden zur Erteilung artenschutzrechtlicher Ausnahmen nach §§ 45 und 45a BNatSchG beim Wolf, insbesondere bei Nutztierrissen
  5. Wolfsmanagementplan (am Beispiel des Landes Niedersachsen)
  6. Richtlinie Wolf (am Beispiel des Landes Niedersachsen)
  7. Niedersächsisches Jagdgesetz (NJagdG) & Handreichung zur Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht
  8. Die ehemalige Niedersächsische Wolfsverordnung (NWolfVO)

 

Die Dokumente in grober Zusammenfassung:

Wölfe sind in der Bundesrepublik Deutschland eine aufgrund der EU weit geltenden Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie per Anhang 4 (FFH-RL) eine streng geschützte Tierart.

Sowohl das Bundesnaturschutzgesetz (BNAtScHG), wie auch die Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) setzen die Anforderungen aus der FFH-RL in nationales (deutsches) Recht um. Die Bejagung des Wolfes ist somit in Deutschland verboten. Der „Praxisleitfaden zur Erteilung artenschutzrechtlicher Ausnahmen nach §§ 45 und 45a BNatSchG beim Wolf, insbesondere bei Nutztierrissen“ beschreibt ausführlich, unter welchen Voraussetzungen Wölfe in Deutschland doch ausnahmsweise letal entnommen (getötet) werden dürfen. Diese Art von Entnahmen stellen dann jeweils eine Wolfsmanagementmaßnahme dar.

Während in Niedersachsen der Wolfsmanagementplan im Kern den allgemeinen Handlungsrahmen im Umgang mit Wölfen und den damit verbundenen Konflikten beschreibt, präzisiert die Niedersächsische Richtlinie Wolf Anforderungen an Nutztier-Herdenschutzmaßnahmen die den „wolfsabweisenden Grundschutz“ bilden in Bezug die Haltung von Schafen, Ziegen und Gehegewild (Gatterwild). Die Niedersächsische Wolfsverordnung beschreibt u.a. unter welchen Voraussetzungen Wölfe aus der freien Wildbahn entnommen, also getötet, werden dürfen. Mit Blick auf Nutztierrisse gilt für die Schaf-, Ziegen- und Gehegewildhaltung, dass vor der Entnahme „Zumutbare wolfsabweisende Herdenschutzmaßnahmen“ (in Ergänzung zum „Wolfsabweisenden Grundschutz“!) errichtet sein mussten, welche dann von einem Wolf überwunden wurden. ACHTUNG: die Niedersächsische Wolfsverordnung wurde am 21.05. 2022 außer Kraft gesetzt.

Letztlich wird auf dieser Seite das Niedersächsische Jagdgesetz (NJagdG) dargestellt, welches im Mai 2022 neu verabschiedet wurde und seitdem den Wolf als eine “ganzjährig geschonte” Wildtierart auflistet. Dazu sollte die “Handreichung zur Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht” berücksichtigt werden, die Teile der zurückgezogenen “Niedersächsischen Wolfsverordnung (NWolfVO)” wiederspiegelt.

1.) Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie, 92/43/EWG vom 21.05.1992)

Hauptziel dieser Richtlinie ist es, die Erhaltung der biologischen Vielfalt zu fördern, wobei jedoch die wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und regionalen Anforderungen berücksichtigt werden sollen. Diese Richtlinie leistet somit einen Beitrag zu dem allgemeinen Ziel einer nachhaltigen Entwicklung. Nach der FFH-RL ist der Wolf in Deutschland eine streng zu schützende und prioritäre Art von gemeinschaftlichem Interesse.

Die Richtlinie besteht redaktionell aus dem HAUPTTEIL und den sechs Anhängen:

ANHANG I – NATÜRLICHE LEBENSRAUMTYPEN VON GEMEINSCHAFTLICHEM INTERESSE, FÜR DEREN ERHALTUNG BESONDERE SCHUTZGEBIETE AUSGEWIESEN WERDEN MÜSSEN

ANHANG II – TIER- UND PFLANZENARTEN VON GEMEINSCHAFTLICHEM INTERESSE, FÜR DEREN ERHALTUNG BESONDERE SCHUTZGEBIETE AUSGEWIESEN WERDEN MÜSSEN

ANHANG III – KRITERIEN ZUR AUSWAHL DER GEBIETE, DIE ALS GEBIETE VON GEMEINSCHAFTLICHER BEDEUTUNG BESTIMMT UND ALS BESONDERE SCHUTZGEBIETE AUSGEWIESEN WERDEN KÖNNTEN

ANHANG IV – STRENG ZU SCHÜTZENDE TIER- UND PFLANZENARTEN VON GEMEINSCHAFTLICHEM INTERESSE

ANHANG V – TIER- UND PFLANZENARTEN VON GEMEINSCHAFTLICHEM INTERESSE, DEREN ENTNAHME AUS DER NATUR UND NUTZUNG GEGENSTAND VON VERWALTUNGSMASSNAHMEN SEIN KÖNNEN

ANHANG VI – VERBOTENE METHODEN UND MITTEL DES FANGS, DER TÖTUNG UND BEFÖRDERUNG

 

Für streng geschützte Arten sind Maßnahmen zu ergreifen, um den günstigen Erhaltungszustand zu erhalten oder wiederherzustellen. Bei den Beratungen der Richtlinie unter den damaligen Mitgliedstaaten bzw. im Zuge der Aufnahme neuer Mitgliedstaaten in die Union durch Beitrittsakte wurden für einzelne Wolfsbestände unterschiedliche Schutzniveaus festgelegt.

Ob eine Tierpopulation, so auch Wölfe betreffend, vom Aussterben bedroht ist oder nicht, hängt also vom Ist-Zustand des „Günstigen Erhaltungszustandes“ ab. Erst wenn der Günstige Erhaltungszustand erreicht ist und dauerhaft erreicht bleibt, gilt die Tierart als nicht mehr vom Aussterben bedroht! Definition des Günstigen Erhaltungszustandes:

  • Die Population ist stabil oder nimmt zu.
  • Die Population hat genügend geeigneten Lebensraum zur Verfügung.
  • Der Lebensraum wird seine Qualität beibehalten.
  • Die Größe der günstigen Referenzpopulation ist erreicht

Das FFH-RL-Dokument beinhaltet die Anhänge I bis VI, von denen drei für den Wolf in Europa zu bennen sind:

  • Anhang II : damit sind Verpflichtungen nach Art. 4ff. FFH-RL zur Ausweisung und zum Management von Schutzgebieten verbunden
  • Anhang IV : Streng geschützte Arten
  • Anhang V : Arten von gemeinschaftlichem Interesse, deren Entnahme aus der Natur Gegenstand von Verwaltungsmaßnahmen sein kann

Wölfe sind je nach EU-Mitgliedstaat und je nach Gebiet innerhalb des Staates also über den Anhang IV „streng geschützt“ oder über den Anhang V „geschützt“:

 

EU-Mitgliedstaaten in denen der Wolf ganzflächig über den Anhang IV geschützt ist:

Deutschland, Dänemark, Niederlande, Belgien, Luxemburg, Frankreich, Österreich, Tschechien, Italien, Slowenien, Kroatien, Ungarn, Portugal, Schweden, Rumänien und Irland

EU-Mitgliedstaaten in denen der Wolf ganzflächig über den Anhang V geschützt ist:

Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen und die Slowakei

EU-Mitgliedstaaten in denen der Wolf gebietsweise über den Anhang IV und Anhang V geschützt ist:

Finnland: Anhang IV; außer im Rentierhaltungsareal (im Sinne von § 2 des finnischen Gesetzes Nr. 848/90 vom 14.09.1990 über die Rentierhaltung), dort gilt Anhang V

Griechenland: Anhang IV; außer nördlich des 39° Breitengrades, dort gilt Anhang V

Spanien: Anhang IV; außer nördlich des Duero-Flusses, dort gilt Anhang V

 

Anmerkung: die EU-Mitgliedstaaten Malta und Irland (Inseln!) haben keine Wolfsbestände.

 

Gemäß Artikel 11 FFH-RL ist die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, zu überwachen, wann und ob die Wolfspopulation den Günstigen Erhaltungszustand erreicht. Die Überwachungsmethode ist in Deutschland unter der Bezeichnung „Wolfsmonitoring“ etabliert.

Gemäß Artikel 17 FFH-RL ist die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, alle sechs Jahre einen Bericht über die Wolfspopulation zu verfassen, der unter anderem auch die Erkenntnisse aus dem Wolfsmonitoring beinhaltet.

 

Die EU-Mitgliedsstaaten können Ausnahmen von den mit dem strengen Schutz verbundenen Schutzregelungen zulassen, wenn es:

1.) keine zufriedenstellende Alternative gibt,

2.) keine negativen Auswirkungen auf den günstigen Erhaltungszustand zu befürchten sind und

3.) einer der fünf Ausnahmegründe nach Artikel 16 FFH-RL erfüllt ist:

a) zum Schutz der wildlebenden Tiere und Pflanzen und zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume;

b) zur Verhütung ernster Schäden insbesondere an Kulturen und in der Tierhaltung sowie an Wäldern, Fischgründen und Gewässern sowie an sonstigen Formen von Eigentum;

c) im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art oder positiver Folgen für die Umwelt;

d) zu Zwecken der Forschung und des Unterrichts, der Bestandsauffüllung und Wiederansiedlung und der für diese Zwecke erforderlichen Aufzucht, einschließlich der künstlichen Vermehrung von Pflanzen;

e) um unter strenger Kontrolle, selektiv und in beschränktem Ausmaß die Entnahme oder Haltung einer begrenzten und von den zuständigen einzelstaatlichen Behörden spezifizierten Anzahl von Exemplaren bestimmter Tier- und Pflanzenarten des Anhangs IV zu erlauben.

 

FAZIT: Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie beschreibt für alle EU-Mitgliedstaaten in verbindlicher Hinsicht wie ganz genau die verschiedenen Wolfspopulationen in Europa in den jeweiligen Mitgliedstaaten zu behandeln sind. Der per 12.10.2021 überarbeitete und veröffentlichte “Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse” gibt Hinweise zur praktischen Handhabung der FFH-Richtlinie Art. 12 & 16.

2.) Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG)

Das Bundesnaturschutzgesetz stellt in der Bundesrepublik Deutschland die rechtliche Grundlage dar für die Schutzgüter Natur und Landschaft und die Maßnahmen von Naturschutz und Landschaftspflege. Das Bundenaturschutzgesetz trat erstmals am 24.12.1976 in Kraft. In der Bundesrepublik Deutschland ist der Wolf seit dem 31.08.1980 durch das Bundesnaturschutzgesetz „besonders geschützt“. In der Deutschen Demokratischen Republik unterlag er dem Jagdrecht und genoss keine Schonzeit. Nach der Wiedervereinigung 1990 ist er nach und nach in allen Ländern aus dem Jagdgesetz gestrichen worden und unterliegt nun im gesamten Bundesgebiet als streng geschützte Art nach § 10 Abs. 2 Nr. 11 allein dem Naturschutzgesetz.

Die letzte Neufassung trat am 01.03.2010 in Kraft. Das Zweite Gesetz zur Änderung des Bundenaturschutzgesetzes vom 04.03.2020 führt hinsichtlich des Wolfes folgende Änderungen auf:

  • Im § 45 Abs. 7 Satz 1 das Wort „erheblicher“ gegen das Wort „ernster“ ersetzt
  • Implementierung des „§ 45 a Umgang mit dem Wolf“
  • Implementierung des „§ 69 Abs. 2 Nummer 5a“

Im Folgenden sind die §§ 7, 44, 45 und 69 auszugsweise dargestellt und der § 45a komplett. Ferner sind zum § 45a weitere Erläuterungen beschrieben, die aus dem Gesetzesentwurf des § 45a stammen.

 

Nach BNatschG ist der Wolf als streng geschützte Art eingestuft (§ 7 Abs. 2 Nr. 14):

㤠7 Begriffsbestimmungen

(2) Für dieses Gesetz gelten folgende weitere Begriffsbestimmungen:

  1. streng geschützte Arten

besonders geschützte Arten, die

  1. a) in Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 338/97,
  2. b) in Anhang IV der Richtlinie 92/43/EWG,
  3. c) in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 2

aufgeführt sind;

…“

 

Mit dem strengen Schutz sind u.a. die sogenannten Zugriffsverbote des § 44 BNatschG verbunden. Danach ist es verboten, Wölfe zu fangen, zu verletzen, zu töten oder sie in einer Weise (z.B. an ihren Welpenaufzuchtplätzen) zu stören, dass dadurch der Fortbestand der „lokalen Population“ gefährdet wird. Der Ausdruck „lokale Population“ ist ein Rechtsbegriff, der in Bezug auf den Wolf als territoriale Einheit, also z.B. eine Wolfsfamilie (Rudel) oder Wolfspaar, interpretiert wird.

„§ 44 Vorschriften für besonders geschützte und bestimmte andere Tier- und Pflanzenarten

 (1) Es ist verboten,

  1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
  2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert,
  3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
  4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören

 (Zugriffsverbote).

 (2) Es ist ferner verboten,

  1. Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten in Besitz oder Gewahrsam zu nehmen, in Besitz oder Gewahrsam zu haben oder zu be- oder verarbeiten

(Besitzverbote),

  1. Tiere und Pflanzen der besonders geschützten Arten im Sinne des § 7 Absatz 2 Nummer 13 Buchstabe b und c
  2. a) zu verkaufen, zu kaufen, zum Verkauf oder Kauf anzubieten, zum Verkauf vorrätig zu halten oder zu befördern, zu tauschen oder entgeltlich zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen,
  3. b) …

(Vermarktungsverbote).

 Artikel 9 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 bleibt unberührt.

…“

 

Unter welchen Voraussetzungen einzelne Wölfe, obwohl streng geschützt, doch aus der freien Wildbahn entnommen werden dürfen, ist im § 45 geregelt:

„§ 45 Ausnahmen; Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen

(7) Die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden sowie im Fall des Verbringens aus dem Ausland das Bundesamt für Naturschutz können von den Verboten des § 44 im Einzelfall weitere Ausnahmen zulassen

  1. zur Abwendung ernster land-, forst-, fischerei oder wasserwirtschaftlicher oder sonstiger ernster wirtschaftlicher Schäden,
  2. zum Schutz der natürlich vorkommenden Tier- und Pflanzenwelt,
  3. für Zwecke der Forschung, Lehre, Bildung oder Wiederansiedlung oder diesen Zwecken dienende Maßnahmen der Aufzucht oder künstlichen Vermehrung,
  4. im Interesse der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder der maßgeblich günstigen Auswirkungen auf die Umwelt oder
  5. aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art.

 Eine Ausnahme darf nur zugelassen werden, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert, soweit nicht Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 92/43/EWG weiter gehende Anforderungen enthält. Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie 92/43/EWG und Artikel 9 Absatz 2 der Richtlinie 2009/147/EG sind zu beachten. Die Landesregierungen können Ausnahmen auch allgemein durch Rechtsverordnung zulassen. Sie können die Ermächtigung nach Satz 4 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen.

Fußnote

(+++ § 45 Abs. 5: Zur Anwendung vgl. § 45a Abs. 1 Satz 3 +++)“

 

Der § 45a beschreibt explizit zum Wolf:

㤠45a Umgang mit dem Wolf

 (1) Das Füttern und Anlocken mit Futter von wildlebenden Exemplaren der Art Wolf (Canis lupus) ist verboten. Ausgenommen sind Maßnahmen der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde. § 45 Absatz 5 findet keine Anwendung.

 (2) § 45 Absatz 7 Satz 1 Nummer 1 gilt mit der Maßgabe, dass, wenn Schäden bei Nutztierrissen keinem bestimmten Wolf eines Rudels zugeordnet worden sind, der Abschuss von einzelnen Mitgliedern des Wolfsrudels in engem räumlichem und zeitlichem Zusammenhang mit bereits eingetretenen Rissereignissen auch ohne Zuordnung der Schäden zu einem bestimmten Einzeltier bis zum Ausbleiben von Schäden fortgeführt werden darf. Ernste wirtschaftliche Schäden im Sinne von § 45 Absatz 7 Satz 1 Nummer 1 können auch drohen, wenn ein Wolf nicht landwirtschaftlich gehaltene Weidetiere reißt, soweit diese durch zumutbare Herdenschutzmaßnahmen geschützt waren. Die in Satz 1 geregelte Möglichkeit des Abschusses weiterer Wölfe gilt auch für Entnahmen im Interesse der Gesundheit des Menschen nach § 45 Absatz 7 Satz 1 Nummer 4. Die Anforderungen des § 45 Absatz 7 Satz 2 und 3 sind zu beachten.

 (3) Vorkommen von Hybriden zwischen Wolf und Hund (Wolfshybriden) in der freien Natur sind durch die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständige Behörde zu entnehmen; die Verbote des § 44 Absatz 1 Nummer 1 gelten insoweit nicht.

 (4) Bei der Bestimmung von geeigneten Personen, die eine Entnahme von Wölfen nach Erteilung einer Ausnahme gemäß § 45 Absatz 7, auch in Verbindung mit Absatz 2, sowie nach Absatz 3 durchführen, berücksichtigt die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständige Behörde nach Möglichkeit die Jagdausübungsberechtigten, soweit diese ihr Einverständnis hierzu erteilen. Erfolgt die Entnahme nicht durch die Jagdausübungsberechtigten, sind die Maßnahmen zur Durchführung der Entnahme durch die Jagdausübungsberechtigten zu dulden. Die Jagdausübungsberechtigten sind in geeigneter Weise vor Beginn über Maßnahmen zur Entnahme zu benachrichtigen; ihnen ist nach Möglichkeit Gelegenheit zur Unterstützung bei der Durchführung der Entnahme zu geben. Bei Gefahr im Verzug bedarf es der vorherigen Benachrichtigung nach Satz 3 nicht.“

 

„§ 69 Bußgeldvorschriften

5a. entgegen § 45a Absatz 1 Satz 1 ein wildlebendes Exemplar der Art Wolf (Canis lupus) füttert oder mit Futter anlockt oder

…“

 

Als hilfreich zum besseren Verständnis über die Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes dient der Blick in das „Zweite Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 04.03.2020 => B. Besonderer Teil“ in Bezug auf die Änderung im § 45 Abs. 7 Satz 1 Nummer 1 und die Implementierung des § 45a:

Zur Änderung im § 45 Abs. 7 Satz 1 Nummer 1 heißt es:

„Zu Nummer 2

Die Änderung in Nummer 1 stellt klar, dass der Ausnahmegrund erfordert, dass der drohende oder bereits eingetretene Schaden „ernst“, d. h. mehr als nur geringfügig und damit von einigem Gewicht ist. Entgegen einer in Teilen der Rechtsprechung vertretenen Auslegung ist das Vorliegen einer unzumutbaren Belastung im Sinne des § 67 Absatz 2 Satz 1 jedoch nicht erforderlich, insbesondere bedarf es keiner Existenzgefährdung oder eines unerträglichen Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Die Regelung setzt die Erheblichkeitsschwelle des Artikels 16 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG sowie des Artikels 9 Absatz 1 Buchstabe a, dritter Spiegelstrich der Richtlinie 2009/147/EG um, welche das Vorliegen „ernster“ bzw. „erheblicher“ Schäden fordern.

Durch den Einbezug von sonstigen ernsten Schäden sollen insbesondere Schäden an durch ausreichende Herdenschutzmaßnahmen geschützten Weidetieren von Hobbyhaltern erfasst werden.“

 

Zur Implementierung des § 45a heißt es:

„Zu Nummer 3

§ 45a Absatz 1 Satz 1 sieht nach landesrechtlichem Vorbild und entsprechend Ziffer III. 12 des Beschlusses des Deutschen Bundestages (Bundestagsdrucksache 19/2981; Plenarprotokoll vom 28. Juni 2018, S. 4249) ein Fütterungsverbot für wildlebende Exemplare der Art Wolf vor. Das Füttern von Wölfen kann zu starker Gewöhnung an den Menschen führen und ist nicht zu tolerieren, da von derart konditionierten Wölfen eine Gefahr für Menschen ausgehen kann. Die wenigen beschriebenen Wolfsangriffe in Europa oder Nordamerika seit Mitte des letzten Jahrhunderts haben fast alle eine entsprechende Vorgeschichte. Die meisten Wölfe, die in diese Vorfälle involviert waren, zeigten zuvor ein stark an die Nähe des Menschen gewöhntes Verhalten. Daher erscheint ein gesetzliches Fütterungsverbot sinnvoll.

Satz 2 nimmt Maßnahmen der zuständigen Naturschutzbehörde von dem Verbot aus. Satz 3 bestimmt, dass die Regelung des § 45 Absatz 5, wonach es vorbehaltlich jagdrechtlicher Vorschriften zulässig ist, verletzte, hilflose oder kranke Tiere aufzunehmen, für den Wolf keine Anwendung findet. Eine Aufnahme verletzter Wölfe durch Private ist aufgrund des Risikos einer Gewöhnung an den Menschen nicht angemessen.

 

Absatz 2 Satz 1 stellt klar, dass zur Abwendung drohender ernster landwirtschaftlicher Schäden durch Nutztierrisse erforderlichenfalls auch mehrere Tiere eines Rudels oder auch ein ganzes Wolfsrudel entnommen werden können. Damit eine Maßnahme dem Ausnahmegrund des § 45 Absatz 7 Satz 1 Nummer 1 zugeordnet werden kann, muss sie geeignet sein, Schäden vorzubeugen, sie zu vermeiden oder zu verringern. Auch ergibt sich bereits aus allgemeinen Erwägungen des Gefahrenabwehrrechts, dass grundsätzlich das schadensverursachende Tier selbst zu entnehmen ist. Es muss mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass es sich etwa um einen Riss durch Hunde oder um eine bloße Nachnutzung durch den Wolf handelt.

Nicht immer lassen sich bereits eingetretene Schäden durch genetische Untersuchungen einem bestimmten Tier eines Rudels eindeutig zuordnen. Auch kann der schadensverursachende Wolf bzw. die schadensverursachenden Wölfe trotz eindeutiger genetischer Zuordnung bei Fehlen besonderer, leicht erkennbarer äußerer Merkmale (z. B. besondere Fellzeichnung) nicht in der Landschaft erkannt und von anderen Wolfsindividuen unterschieden werden. In diesem Fall ist zur Entnahme des schadensverursachenden Wolfes lediglich eine Anknüpfung über die enge zeitliche und räumliche Nähe zu bisherigen Rissereignissen möglich. Nach einer so begründeten Entnahme eines Einzeltieres muss abgewartet werden, ob mit der Entnahme die Nutztierrisse aufhören bzw. soweit möglich mittels genetischer Untersuchung ermittelt werden, ob tatsächlich das schadensverursachende Tier entnommen wurde. Wenn dies nicht der Fall ist, dürfen sukzessive weitere Wölfe getötet werden, bei denen die vorgenannten Bedingungen vorliegen. Dies kann im Einzelfall bis zur Entnahme des gesamten Rudels gehen.

Gemäß Absatz 2 Satz 2 gilt die in Absatz 2 Satz 1 geregelte Möglichkeit des Abschusses weiterer Wölfe auch für Entnahmen im Interesse der Gesundheit des Menschen nach § 45 Absatz 7 Satz 1 Nummer 4. Dies ist insbesondere in Fällen bedeutsam, in denen ein Wolf einen Menschen verletzt, ihn verfolgt oder sich ihm gegenüber unprovoziert aggressiv gezeigt hat. Die weiteren Voraussetzungen des § 45 Absatz 7 für die Ausnahmeerteilung sind zu beachten.

 

Absatz 3 sieht vor, dass Wolfshybriden durch die zuständige Behörde der Natur zu entnehmen sind. Hybriden stellen durch die Einbringung von Haustiergenen in die Wildtierpopulation eine Gefahr für die Wildtierpopulation dar. Die IUCN listet Hybridisierung als einen der Faktoren, der die Zuordnung einer Art zu einer der Rote-Liste-Kategorien „vom Aussterben bedroht“, „gefährdet“ oder „verwundbar“, rechtfertigt. In der Empfehlung Nr. 173 (2014) des Übereinkommens über die Erhaltung der europäischen wild lebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (Berner Konvention) werden die Vertragsparteien der Berner Konvention, zu denen auch Deutschland gehört, daher aufgefordert, die staatlich kontrollierte Entfernung von nachgewiesenen Wolf-Hund-Hybriden aus wilden Wolfspopulationen sicherzustellen.

Vor einer Entnahme muss anhand einer morphologischen Beurteilung durch Fachleute und/oder molekulargenetischer Untersuchungen zweifelsfrei nachgewiesen worden sein, dass es sich bei dem betroffenen Tier um einen Hybriden handelt. In Deutschland sind in den vergangenen 20 Jahren lediglich zwei Wolf-Hund-Hybridisierungsereignisse nachgewiesen worden, einmal im Jahr 2003 und einmal im Jahr 2017. Wolfshybriden, bei denen in den vier vorhergehenden Generationen in direkter Linie eine oder mehrere Exemplare der Art Wolf vorkommen, sind vom Schutz des § 44 Absatz 1 erfasst. § 45a Absatz 3 sieht daher eine Legalausnahme von den Verboten des § 44 Absatz 1 Nummer 1 und Nummer 3 vor. Bei erwachsenen Tieren wird in der Regel nur ein Abschuss in Betracht kommen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die dauerhafte Haltung eines in freier Wildbahn aufgewachsenen Tieres in Gefangenschaft zu länger andauernden, erheblichen Leiden bei dem Tier führen kann, wenn es sich – so auch die bisherigen Erfahrungen zum Wolf – um eine Tierart handelt, die sich an ein Leben in Gefangenschaft nicht anpassen kann.

 

Absatz 4 regelt die Mitwirkung von Jagdausübungsberechtigten im betroffenen Gebiet bei der Entnahme von Wölfen in Durchführung einer nach § 45 Absatz 7 erteilten artenschutzrechtlichen Ausnahme auf freiwilliger Basis. Soweit Jagdausübungsberechtigte ihr Einverständnis erteilen, sind sie durch die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständige Behörde bei der Bestimmung geeigneter Personen nach Möglichkeit vorrangig zu berücksichtigen. Satz 2 stellt in Konkretisierung von § 65 klar, dass die Jagdausübungsberechtigten eine Entnahme durch von der Naturschutzbehörde beauftragte Dritte zu dulden haben. Nach Satz 3 sind die Jagdausübungsberechtigten in geeigneter Weise zu benachrichtigten und ihnen ist nach Möglichkeit Gelegenheit zur Mitwirkung an der Entnahme zu geben. Die Benachrichtigung soll möglichst vor Beginn der Maßnahmen erfolgen, hiervon kann insbesondere in Eilfällen abgesehen werden.

 

Zu Nummer 4

Durch den neuen § 69 Absatz 2 Nummer 5a werden vorsätzliche Verstöße gegen das Fütterungsverbot des § 45a Absatz 1 Satz 1 als Ordnungswidrigkeit geahndet.“

 

Fazit: Das geänderte BNatSchG mit Wirkung vom 04.03.2020 regelt das Fütterungs- und Anlockungsverbot von wildlebenden Wölfen, den Umgang mit in freier Natur geborenen Wolfshybriden, den Umgang mit Wölfen in Bezug auf Nutztierrisse und die Bestimmung von geeigneten Personen zur Entnahme von Wölfen aus der freien Natur.

3.) Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV vom 30.08.1980)

Die Bundesartenschutzverordnung trat zum Schutz des Wolfes erstmals am 30.08.1980 in Kraft. Demnach stehen Wölfe unter besonderem Schutz.

Zur damaligen Zeit war der Wolf in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) dagegen eine jagdbare Art, die ab 1984 ganzjährig zum Abschuss freigegeben war. Von Polen einwandernde Individuen wurden konsequent geschossen. Nach der Wiedervereinigung 1990 erhielt die Tierart den in der BRD bereits seit 10 Jahren geltenden strengen Schutzstatus. Einige der neuen Bundesländer führten den Wolf allerdings noch bis Ende der 1990er Jahre als jagdbare Art mit ganzjähriger Schonzeit. Mecklenburg-Vorpommern war 1999 das letzte Bundesland, das ihn aus dem Jagdrecht entfernte.

Die Bundesartenschutzverordnung ist eine aufgrund des Bundesnaturschutzgesetzes erlassene Rechtsverordnung, die den Artenschutz der Verordnung EG 338/97 von 1984, durch die in allen EG-Mitgliedstaaten das Washingtoner Artenschutzabkommen in Kraft gesetzt wurde, erweitert und verschärft.

Nach der Bundesartenschutzverordnung, Anlage 1 „Besonders geschützte Arten“, steht der Wolf in der Bundesrepublik Deutschland seit dem 30.08.1980 unter „besonderem Schutz“. Dies geht aus dem dort aufgeführten Text „Alle wildlebenden einheimischen Arten, soweit sie nicht dem im dem Geltungsbereich dieser Verordnung anzuwendenden Jagdrecht unterliegen, insbesondere …“ hervor.

Anlage 6 beschreibt, dass Wölfe die in z.B. Schaugehegen (in Zoo, Wildparks, Tierparks) leben, mit einem Transponder gekennzeichnet sein müssen.

FAZIT: Die Bundesartenschutzverordnung stellt erstmals seit 1980 den Wolf in allen zehn „alten“ Bundesländern unter besonderem Schutz. Infolge der deutschen Wiedervereinigung wurde der Wolf aufgrund der BArtSchV auch umgehend in den sechs neuen Bundesländern als besonders geschützt eingestuft und durfte somit nicht mehr bejagt werden.

4.) Praxisleitfaden zur Erteilung artenschutzrechtlicher Ausnahmen nach §§ 45 und 45a BNatSchG beim Wolf, insbesondere bei Nutztierrissen

Dieses Dokument zeigt die Fassung des UMK-Umlaufverfahren im Oktober 2021.

Worum geht es in dem Dokument grundsätzlich?

Aus dem Dokument heißt es unter

„A Vorbemerkung

Die Amtschef*innen haben auf der ACK der UMK am 09. September 2020 (TOP 2) vereinbart, dass eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe Vollzugshinweise zur Erteilung artenschutzrechtlicher Ausnahmen in Bezug auf den Wolf erarbeitet.
Hintergrund sind die durch das Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 04.03.2020 geänderten bzw. neu eingefügten Regelungen (§§ 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 1, 45 a BNatSchG), die eine an die neue Rechtslage angepasste Erarbeitung eines Praxisleitfadens für die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme erforderlich machen.
Diesbezüglich zentraler Inhalt der Gesetzesnovelle ist die Klarstellung, dass kein Schaden im Sinne einer Existenzgefährdung vorliegen muss, damit eine Abschussgenehmigung für einen Wolf erteilt werden kann, sondern es genügt ein „ernster“ wirtschaftlicher Schaden. Zudem wurden mit § 45a BNatSchG neue Regelungen zum Umgang mit dem Wolf im BNatSchG aufgenommen. Von besonderer Relevanz ist im vorliegenden Kontext die Regelung des § 45a Abs. 2 S. 1 BNatSchG. Hiernach ist der Abschuss einzelner Mitglieder eines Rudels auch möglich, wenn Schäden bei Nutztieren keinem bestimmten Wolf eines Rudels zugeordnet worden sind. Der Praxisleitfaden soll die rechtssichere Anwendung der §§ 45, 45a BNatSchG durch die Länder unterstützen.
Der Leitfaden soll insbesondere die Verfahrensschritte zur rechtssicheren Erteilung artenschutz-rechtlicher Ausnahmen behandeln und die notwendigen Schritte zur Durchführung einer Entnahme von Wolfsindividuen darstellen. Der Fokus liegt dabei auf der Entnahme von Wölfen aufgrund von Nutztierrissen. Hierbei sollen sowohl auf die formell-rechtlichen Anforderungen eingegangen werden als auch die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale (z.B. die Alternativenprüfung) diskutiert sowie die Nebenbestimmungen betrachtet werden.
Die mit der Erstellung des Praxisleitfadens beauftragte AG Wolf nahm ihre Arbeit mit der ersten virtuellen Sitzung am 12. November 2020 auf. Die organisatorische und fachliche Koordinierung obliegt dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), es wird fachlich vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) unterstützt. Auf Bundesebene ist auch das Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) Mitglied der Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Ebenfalls Mitglied der länderoffenen Arbeitsgruppe ist ein Vertreter des ständigen Ausschuss Arten- und Biotopschutz der LANA.
Auf Grundlage der von Bund und Ländern erstellten Beiträge und Zuarbeiten hat die AG Wolf mit Unterstützung der Redaktionsgruppe den Praxisleitfaden erarbeitet. Die Redaktionsgruppe bestand aus Vertreter*innen des BMU, des BfN, des BMEL und einzelnen Bundesländern.
Im Zuge der Erarbeitung des Leitfadens wurden auch die relevanten Verbände (Naturschutzverbände, Verbände der Landwirtschaft/Weidetierhaltung, Verbände der Forstwirtschaft) in einem zweistufigen Verfahren eingebunden: In diesem Rahmen wurden die Verbände um inhaltliche Vorschläge und Hinweise gebeten sowie in einem zweiten Schritt am 1.April 2021 ein Verbändegespräch zum Leitfadenentwurf durchgeführt. Hinweise und Anmerkungen wurden im Praxisleitfaden berücksichtigt.
Das vorliegende Dokument gibt den aktuellen Stand des Wissens wieder. Der Praxisleitfaden wird bei Bedarf und im Lichte neuerer Erkenntnisse weiterentwickelt. Die Vollzugshinweise sind nichtabschließend und haben nur empfehlenden Charakter. Sie sind eine praktische Anleitung zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung.
Sie sollen die Managementpläne, Verordnungen und Leitfäden der Länder zum Umgang mit dem Wolf nicht ersetzen, sondern nur unterstützen. Denn die Länderzuständigkeit für den Vollzug des Naturschutzrechts (Art. 83 GG, § 3 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) bleibt unberührt.”

Das Inhaltsverzeichnis lautet:

„Abkürzungsverzeichnis
A  Vorbemerkung
B  Allgemeine Grundlagen
C  Nutztierrisse durch Wölfe

  1. Verfahrensschritte vor Erteilung artenschutzrechtlicher Ausnahmen

1.1. Dokumentation von Nutztierrissen

1.1.1. Hinweise zur Dokumentation von Nutztierrissen mit Verdacht auf Verursacher Wolf

1.1.1.1. Interpretation der Daten

1.1.1.2. Zuständigkeiten

1.2 Protokollierung der in Anwendung befindlichen Herdenschutzmaßnahmen bei Verdacht auf Wolfsübergriff

1.3. Identifizierung von Wölfen als Verursacher eines Nutztierrisses (Kausalitätsnachweis)

1.4. Individualisierung des nutztierreißenden Wolfs

  1. Formell-rechtliche – Anforderungen für die Erteilung einer Ausnahme

2.1. Zuständigkeiten

2.2. Mitwirkungsrechte anerkannter Naturschutzvereinigungen

2.3. Entscheidung Antragserfordernis

  1. Materiell-rechtliche Anforderungen für die Erteilung einer Ausnahme

3.1. Abwehr von ernsten wirtschaftlichen Schäden

3.1.1. Wirtschaftlicher Schaden

3.1.2. Schadensprognose

3.1.3. „ernster“ wirtschaftliche Schaden

3.1.3.1. Genese und europarechtlicher Hintergrund

3.1.3.2. Begriffsbestimmung des „ernsten wirtschaftlichen Schadens“

3.1.4. § 45a BNatSchG

3.1.4.1. Hintergrund

3.1.4.2. Sukzessive Wolfentnahme

3.1.4.3. Nicht landwirtschaftlich gehaltene Weidetiere

3.2. Alternativenprüfung

3.2.1. Vergrämung bei Übergriffen auf Nutztiere

3.2.2. Fang und Unterbringung in einem Gehege

3.2.3. Herdenschutzmaßnahmen

3.2.4. Hinweise zum Herdenschutz

3.2.4.1. Schafe und Ziegen (auch Lamas, Alpakas)

3.2.4.2. Gehegewild

3.2.4.3. Rinder und Pferde

3.2.4.4. Sonstige Anforderungen an den Herdenschutz

3.2.4.5. Hinweise zu Herdenschutzmaßnahmen an Deichen

3.2.4.6. Hinweise zu Herdenschutzmaßnahmen im Bergland, Steillagen

3.2.5. Mindestschutz als Voraussetzung einer Ausgleichzahlung

3.3. Keine Verschlechterung des Erhaltungszustands

  1. Prüfung der tierschutzrechtlichen Zulässigkeit der Entnahme

4.1. Vorbemerkung

4.2. Elterntierschutz

  1. Inhalts- und Nebenbestimmungen der Entnahmegenehmigung

5.1. Nebenbestimmungen zur Wahrung des Artenschutzrechts

5.1.1. Gegenstand der Entnahme

5.1.2. Befristung und Bedingungen der Entnahmegenehmigung

5.1.3. Räumliche Eingrenzung der Entnahmegenehmigung

5.1.4. Einbindung der für die Entnahme geeigneten Personen

5.1.5. Sonstige Nebenbestimmungen und zusätzliche Genehmigungstatbestände

5.2. Nebenbestimmungen zum Tierschutz

5.3. Mögliche Nebenbestimmungen für den Fang

  1. Durchführung der Entnahme

6.1. Durchführung

6.2. Umgang mit Fehlabschüssen

D  Sonstige Entnahmegründe und Rahmenbedingungen

  1. Sonstige Entnahmegründe

1.1. Ausnahmegrund § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG – gegenüber Menschen auffälliges Wolfsverhalten

1.1.1. Einschätzung von Wolfsverhalten

1.1.2. Verscheuchen von Wölfen

1.1.3. Vergrämen von Wölfen

1.1.4. Vergrämung als Alternative zur Entnahme

1.1.5. Keine Verschlechterung des Erhaltungszustands (§ 45 Abs. 7 S. 2 BNatSchG)

1.1.6. Individualisierung des zu entnehmenden Tieres/ Entnahme

1.1.7. Maßnahmen bei konkreter Gefahr für die öffentliche Sicherheit

1.2. Ausnahmegrund § 45 Abs. 7 S. 1 Nr. 5 BNatSchG – Umgang mit verletzten Wölfen

1.3. Hybride

  1. Einsatz von Fallen
  2. Gebietsschutzrechtliche Zulassungserfordernisse

3.1. §§ 33 ff. BNatSchG

3.1.1. Die Wolfsentnahme als Maßnahme der Gebietsverwaltung

3.1.2. FFH-Verträglichkeitsprüfung

3.2. Schutzgebietsverordnungen

E  Anlagen

  1. Anlage 1
  2. Anlage 2
  3. Anlage 3
  4. Anlage 4
  5. Anlage 5
  6. Anlage 6

5.) Wolfsmanagementplan am Bespiel des Landes Niedersachsen

Im Oktober 2022 wurde der dritte Niedersächsische Wolfsmanagementplan veröffentlicht, als Nachfolger des zweiten Planes aus dem Jahr 2017.

Wolfsmanagementpläne stellen zentrale Dokumente in den jeweiligen Bundesländern dar, weil in ihnen beschrieben sein sollte, wie unter Anwendung von relevanten Gesetzen, Verordnungen, etc. die Wolfspopulation im Bundesland begleitet wird. Es sollte neben der Lebensweise des Wolfes beschrieben sein, wie in verschiedenen Konfliktthemen (Sicherheit des Menschen, Nutztierhaltung, Jagd, Tourismus, etc.) gehandelt werden darf, wie die Öffentlichkeitsarbeit aussieht, welche finanziellen Rahmenbedingungen für welche Bereiche zur Verfügung stehen, u.v.m.

Es ist wichtig zu wissen, dass der Niedersächsische Wolfsmanagementplan eng mit der „Richtlinie Wolf“ und mit der „Handreichung zur Aufnahme des Wolfs in das Niedersächse Jagdrecht“ zusammenhängt (siehe Downloads).

6.) Richtlinie Wolf am Bespiel des Landes Niedersachsen

Die genaue Bezeichnung der Richtlinie Wolf lautet „Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen und Zuwendungen zur Minderung oder Vermeidung von durch den Wolf verursachten wirtschaftlichen Belastungen in Niedersachsen“. Sie trat erstmals Ende 2014 in Kraft und gilt nur für das Bundesland Niedersachsen.

„I. Zweck und Zielsetzung

Die Tierart Wolf (Canis lupus) ist in ihr ehemaliges Verbreitungsgebiet in Niedersachsen zurückgekehrt. Durch die Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (sog. FFH-Richtlinie) und die BArtSchV ist das Land dazu verpflichtet, dem Wolf Schutz zu gewähren und sein Überleben dauerhaft zu sichern. Diese Richtlinie leistet einen Beitrag zum Schutz des Wolfes, indem sie Billigkeitsleistungen zum anteiligen finanziellen Ausgleich bei Nutztierrissen vorsieht sowie Präventionsmaßnahmen in Form einer vorsorglichen Beschaffung von wolfsabweisenden Schutzzäunen und Herdenschutzhunden unterstützt. Dadurch wird die Akzeptanz der Bevölkerung und insbesondere der Nutztierhalterinnen und Nutztierhalter gegenüber dem Wolf gestärkt und ein konfliktarmes Nebeneinander von Mensch und Wolf ermöglicht.

Aufgrund ihrer unterschiedlichen rechtlichen Grundlagen werden die Billigkeitsleistungen zur Minderung von wirtschaftlichen Belastungen in Abschnitt II und die Zuwendungen für Präventionsmaßnahmen in Abschnitt III geregelt.“

Diese Richtlinie regelt im Wesentlichen unter welchen Voraussetzungen Nutztierhalter finanzielle Unterstützungen bekommen, wenn ein Wolf nachweislich Schäden an seinen Nutzieren oder Herdenschutztieren angerichtet hat.

Desweiteren ist definiert, wie der „Wolfsabweisende Grundschutz“ für Schafe, Ziegen und Gehegewild (Gatterwild) mindestens zu errichten ist, damit Wölfe weitestgehend daran gehindert werden überhaupt Schäden an diesen Tieren anzurichten. Der Wolfsabweisende Grundschutz stellt also eine Präventionsmaßnahme dar, um Wolfsübergriffe auf Nutztiere zu vermeiden bzw. zu minimieren.

Der Blick in das zuvor beschriebene Dokument „Hinweise zur Erteilung artenschutzrechtlicher Ausnahmen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG beim Wolf“ beschreibt den „Zumutbaren Herdenschutz“. Der „Zumutbare Herdenschutz“ beschreibt zusätzliche zu erreichtende Herdenschutzmaßnahmen in Erweiterung zum „Wolfsabweisenden Grundschutz“. Die für Niedersachsen gültigen „Zumutbaren Herdenschutzmaßnahmen“ für Schafe, Ziegen und Gehegewild (Gatterwild) sind in der Niedersächsischen Wolfsverordnung beschrieben und anzuwenden.

Ein Beispiel dazu:

Wolfsabweisender Grundschutz für Schafe: => 90 cm hoher und elektrifizierter Elektronetzzaun

Zumutbarer Herdendschutz für Schafe: => 90 cm hoher und elektrifizierter Elektronetzzaun mit einem zusätzlich in 120 cm Höhe errichteten Flatterband

Welche Voraussetzungen im Herdenschutz gegeben sein müssen, damit einzelne Wölfe in Bezug auf Nutztierrisse aus der freien Natur letal entnommen werden dürfen, ist in den beiden Dokumenten „Hinweise zur Erteilung artenschutzrechtlicher Ausnahmen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG beim Wolf“ und in der Niedersächsischen Wolfsverordnung (NWolfVO) beschrieben.

Fazit: Die Richtlinie Wolf beschreibt für Schafe, Ziegen und Gehegewild (Gatterwild) ausschließlich den „Wolfsabweisenden Grundschutz“. Für Rinder und Pferde ist kein Wolfsabweisender Grundschutz beschrieben. Es sind keine zusätzlichen Maßnahmen zur Errichtung des „Zumutbaren Herdenschutzes“ beschreiben.

7.) Niedersächsisches Landesjagdgesetz

Das Niedersächsische Landesjagdgesetz (NJagdG) wurde 17.05.2022 in überarbeiteter Form verabschiedet. Wölfe werden seitdem als eine ganzjährig geschonte Wildtierart im Landesjagdgesetz aufgeführt. Niedersachsen ist das zweite Bundesland, welches Wölfe im Landesjagdgesetz aufgenommen haben. Diesen Schritt unternahm zuvor nur das Land Sachsen im Jahr 2013.

Neben der Listung des Wolfes im NJagdG wurde auch der § 28 b erstmals im “Fünften Abschnitt / Jagdbeschränkungen, Pflichten bei der Jagdausübung” aufgeführt:

Ҥ 28 b
Sonderregelungen für den Wolf

(1) Für die Jagd auf Wölfe und Wolfshybriden finden die Vorschriften des Fünften Abschnitts mit Ausnahme des § 24 Abs. 1 bis 3 keine Anwendung, soweit in den folgenden Absätzen nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist.

(2) 1Ist die Entnahme von Wölfen aufgrund einer vollziehbaren Ausnahmegenehmigung nach §45 Abs. 7 Sätze 1 bis 3 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), auch in Verbindung mit §45a Abs. 2 BNatSchG, zulässig, so ist die Erlegung der Wölfe in der Schonzeit unter Einhaltung der in der Genehmigung vorgesehenen räumlichen und zeitlichen Beschränkungen sowie der sonstigen Maßgaben gestattet. 2Für die Durchführung der Entnahme gilt § 45a Abs. 4 BNatSchG; die Bestimmung der  geeigneten Personen im Sinne des § 45a Abs. 4 Satz 1 BNatSchG erfolgt im Einvernehmen mit der zuständigen Jagdbehörde. 3§ 22 Abs. 4 des Bundesjagdgesetzes ist zu beachten.

(3) 1Die Jagd auf Wolfshybriden ist nach Maßgabe des § 45aAbs. 3 und 4 BNatSchG ganzjährig gestattet. 2Absatz 2 Satz 2 Halbsatz 2 und Satz 3 gilt entsprechend.

(4) Es ist verboten, die Jagd nach Absatz 2 oder 3 mit Büchsenpatronen unter einem Kaliber von 6,5 mm auszuüben; im Kaliber 6,5 mm und darüber müssen die Büchsenpatronen eine Auftreffenergie auf 100 m (E 100) von mindestens 2 000 Joule erreichen.

(5) 1Es ist verboten, kranke oder verletzte Wölfe aufzunehmen, um sie gesundzupflegen. 2Das Erlegen eines schwerkranken Wolfes nach § 22a Abs. 1 Halbsatz 2 des Bundesjagdgesetzes ist als Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG zugelassen, wenn eine Tierärztin oder ein Tierarzt zuvor festgestellt hat, dass das Tier erhebliche Schmerzen erleidet und aus eigener Kraft nicht gesunden wird. 3Ist die rechtzeitige Hinzuziehung einer Tierärztin oder eines Tierarztes nicht möglich, so ist es ausreichend, wenn eine Jagdscheininhaberin oder ein Jagdscheininhaber die Feststellung nach Satz 2 trifft. 4Die Sätze 1 bis 3 gelten für Wolfshybriden entsprechend.

(6) Bedarf es einer Nachsuche eines krankgeschossenen oder verletzten Wolfes, so darf die Nachsuche nur durch eine bestätigte Schweißhundführerin oder einen bestätigten Schweißhundführer erfolgen; § 28 Sätze 1, 2, 4 und 5 gilt entsprechend.

(7) 1Das Erlegen eines Wolfes nach den Absätzen 2, 3 und 5 sowie das Auffinden eines Fallwildwolfes ist der Jagdbehörde unverzüglich anzuzeigen; diese benachrichtigt die von der Naturschutzbehörde zur Durchführung der Entnahme bestimmten Personen. 2Die Inbesitznahme eines erlegten Wolfes durch die Jagdausübungsberechtigte oder den Jagdausübungsberechtigten zum Zweck der Übergabe an die untere Naturschutzbehörde ist nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG zugelassen; für die Inbesitznahme von Fallwildwölfen durch die Jagdausübungsberechtigte oder den Jagdausübungsberechtigten bleibt § 45 Abs. 4 BNatSchG in Verbindung mit § 44 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG unberührt. 3Für Wolfshybriden gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(8) 1Die Besenderung von Wölfen zu wissenschaftlichen Zwecken durch den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz ist Bestandteil des Wildmanagements für diese Wildart; die Besenderung ist nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 BNatSchG zugelassen. 2Eine Besenderung ist der zuständigen Jagdbehörde vor Beginn anzuzeigen. 3Die zuständige Jagdbehörde benachrichtigt die Jagdausübungsberechtigten über die geplante Besenderung. 4Diese darf nur mit Zustimmung der jeweiligen Jagdausübungsberechtigten durchgeführt werden. 5Die Erforderlichkeit der Einholung von tierschutzrechtlichen Genehmigungen bleibt unberührt. (9) An der systematischen Erfassung, Beobachtung und Überwachung des Wolfes (Monitoring) sollen die Jagdausübungsberechtigten im Rahmen ihrer Hegeverpflichtung mitwirken.”

8.) Niedersächsische Wolfsverordnung

ACHTUNG: die Niedersächsische Wolfsverordnung wurde am 21.05. 2022 außer Kraft gesetzt.

Die Niedersächsische Wolfverordnung (NWolfVO) trat am 20.11.2020 in Kraft und stellt das dritte Dokument ergänzend zum NDS Wolfskonzept (Wolfsmanagementplan) und zur NDS Richtlinie Wolf dar.

Die Wolfsverordnung beschreibt unter anderem unter welchen Voraussetzungen Wölfe aus der freien Wildbahn entnommen werden dürfen. Die Entnahme ist in der Verordnung definiert als „die zielgerichtete, tierschutzgerechte Tötung eines Wolfes“. Geeignete Personen sind in § 8 definiert und dürfen die Tötung durchführen. Gründe für die Entnahme eines Wolfes sind dreifach definiert:

  • im Interesse der Gesundheit des Menschen
    (wenn Wölfe für Menschen gefährlich werden oder sich unter bestimmten Voraussetzungen nicht mehr verscheuchen oder vergrämen lassen)
  • zur Vermeidung ernster wirtschaftlicher Schäden
    (hierbei geht es um Nutztierrisse)
  • aus sonstigen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses
    (hierbei geht es letztlich auch um Nutztierrisse)

Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Wolfsverordnung ist die Beschreibung der „Zumutbaren wolfsabweisenden Schutzmaßnahmen (Zumutbarer Herdenschutz)“ für Schafe, Ziegen und Gehegewild. Diese zumeist baulichen Maßnahmen sind – in errichteter Form! – die Voraussetzung zur Entnahme von Wölfen in den allermeisten Gebieten Niedersachsens. Die zumutbaren wolfsabweisenden Schutzmaßnahmen (als Ergänzung zum wolfsabweisenden Grundschutz – beschrieben in der Niedersächsischen Richtlinie Wolf!) müssen also zunächst umgesetzt sein und von einem Wolf überwunden worden sein, bevor der relevante Wolf entnommen – also getötet – werden darf!

Inhalt der NWolfVO:

„Artikel 1

  • 1 Begriffsbestimmungen …
  • 2 Verscheuchen eines Wolfes …
  • 3 Vergrämung eines Wolfes mit unerwünschtem Verhalten …
  • 4 Entnahme eines Wolfes im Interesse der Gesundheit des Menschen …
  • 5 Entnahme eines Wolfes zur Vermeidung ernster wirtschaftlicher Schäden …
  • 6 Entnahme eines Wolfes aus sonstigen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses …
  • 7 Beurteilung des Erhaltungszustandes der Population …
  • 8 Geeignete Personen …
  • 9 Entnahme schwer verletzter oder erkrankter Wölfe …
  • 10 Informations- und Betriebspflichten …
  • 11 Besenderung von Wölfen …
  • 12 Beeinträchtigung von Maßnahmen …
  • 13 Ordnungswidrigkeiten …
  • 14 Änderung der Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege …
  • 15 Inkrafttreten …
  1. Begriffsbestimmungen …
  2. Zumutbare wolfsabweisende Schutzmaßnahmen …
  3. Schafe und Ziegen …
  4. Gehegewild und Kameliden …
  5. Pferde und Rinder …“

Auch in den Bundesländern Sachsen und Brandenburg gibt es derzeit jeweils eine Wolfsverordnung.